Was heißt eigentlich „Otsu“?

Der Titel unseres Magazins „Nihongo Otsu“ sorgt gewöhnlich für große Verwirrung.
Zumindest bei Deutschen mit Japanischkenntnissen, die auch mit einem Wörterbuch nicht so recht weiterkommen wollen und schon beginnen, an ihren Fähigkeiten zu zweifeln.
Bei Muttersprachlern hingegen sorgt er eher für ein breites Grinsen – wir erklären, warum.

Während "Otsu" für gewöhnlich in Hirigana geschrieben wird, verwenden wir in unserem Logo das Kanji "乙"

Während „Otsu“ für gewöhnlich in Hirigana geschrieben wird, verwenden wir in unserem Logo das Kanji „乙“

„Otsu“ wird abgeleitet von „otsukare sama deshita“, einer sehr gebräuchlichen Redewendung, die grob gesagt, so etwas bedeutet wie „Gut gemacht, das war harte Arbeit!“.
疲れ (tsukare) heißt übersetzt „Müdigkeit“ oder „Erschöpfung“, die Vorsilbe O macht den Ausdruck höflicher, respektvoller.
Gleiches gilt für das darauf folgende „sama“, das normalerweise nur als sehr respektvolle Anrede für Personen vorkommt.
„Deshita“ ist schließlich die Vergangenheitsform von „desu“ und zeigt an, dass über etwas Zurückliegendes gesprochen wird.

Verwendet wird „otsukare sama deshita“ immer dann, wenn man seine Wertschätzung über eine zurückliegende Bemühung oder Arbeit bezeugen möchte.
Nach einem harten Arbeitstag können sich das, zum Beispiel, Kollegen zurufen, bevor sie sich in den Feierabend verabschieden.
Die Bemühung steht damit mehr im Mittelpunkt als das Ergebnis. Es ist wichtiger, dass man alles gegeben hat, als dass man einen strahlenden Erfolg vorweisen kann. Soweit, so gut – ist damit die Bedeutung von „nihongo otsu“ bereits erklärt?

Nun, nicht ganz. „Otsu“ ist zwar von „otsukare sama deshita“ abgeleitet, hat aber nicht die selbe Bedeutung.
Im Gegensatz zu seinem weit verbreiteten, respektvollen Bruder, wird „otsu“ eher auf ironische Weise verwendet.
Man will sich damit – auf sachte, liebevolle Weise – über sein Gegenüber lustig machen.
Geht etwas beispielsweise richtig daneben, kann man dem Unglücksvogel auf die Schulter klopfen und „otsu!“ rufen.
Auch kommt das kleine Wort zum Einsatz, wenn jemand einen großen Aufwand für eine wenig erstrebenswerte oder gar nutzlose Sache betrieben hat.
Hier ein Beispiel:
An einem heißen Tag erzählt ihr eurem Freund, dass ihr eine ganze Ladung schmackhaftes Eis im Kofferraum liegen habt – ihr seid extra ans ganz andere Ende der Stadt dafür gefahren.
Stolz öffnet ihr die Türe und wollt eurem Freund die kalte Köstlichkeit zeigen, aber leider kommt ihr zu spät: Das Eis hat sie sich bereits vollständig verflüssigt.
Das ist der Moment, in dem ihr vielleicht „otsu!“ zu hören bekommen werdet.

In Episode 25 ergeht sich Okabe in wilde Fantasien, Daru antwortet "Chunnibyou otsu!" Der schwer zu übersetzende Ausdruck wird im Englischen mit "Wild delusions, fail as usual" wiedergegeben.

In Episode 25 ergeht sich Okabe in wilde Fantasien, Daru antwortet „Chunnibyou otsu!“
Der schwer zu übersetzende Ausdruck wird im Englischen mit „Wild delusions, fail as usual“ wiedergegeben.

Ein bekannter Anime Charakter, der häufig „Otsu“ verwendet, ist „Daru“ aus Steins;Gate.
Der Super-Hacka hat eine sehr eigene Art zu sprechen, eben wie ein echter Nerd und Otaku.
Hat Okabe einen seiner größenwahnsinnigen Anfälle und fantasiert sich etwas zusammen, hört man ihn sagen:
„Chunnibyou otsu!“.
Chunnibyou ist dabei das berühmte „Achtklässler-Syndrom“, das in vielen Animes vorkommt – die betroffenen Jugendlichen benehmen sich abgedreht und glauben, sie besäßen übernatürliche Kräfte. Es ist das Hauptthema der Serie „chunnibyou demo koi ga shitai!“.

„Nihongo Otsu!“ ist also das, was man vielleicht von einem schadenfrohen Tandem-Partner hören wird, wenn man von einem Grammatikfehler zum anderen stolpert.
Lasst euch davon nicht entmutigen oder ärgern. Hört lieber aufmerksam zu, wenn er euch etwas auf Deutsch zu erklären versucht, und sobald er ins Straucheln gerät, gebt ihr es ihm mit gleicher Münze zurück:
„Doitsugo otsu!“

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