Mit dem Lernerfolg ist es so eine Sache. Mal geht‘s scheinbar mühelos bergauf und nur wenig später scheint man völlig ins Stocken zu geraten. Manchmal fühlt man sich sogar, als ob man trotz regelmäßigem Lernens beständig schlechter wird – kann das denn sein? Ist es nur Einbildung, oder steckt unsere persönliche Bilanz wirklich in den roten Zahlen? Eine kurze Aufstellung meiner Erfahrungen zu diesem Phänomen… und, was man dagegen tun kann!
Ich erinnere mich noch sehr genau an meine erste Zeit an der Uni: Von früh bis spät wurde man regelrecht mit Wissen überhäuft, und manchmal wusste man gar nicht mehr, wo einem der Kopf stand. Den ganzen Tag auf diese Art trainiert zu werden… man sollte meinen, mit den Fähigkeiten ging es fortan steil bergauf, richtig? Nun, wir steckten gerade im zweiten Semester und fuhren nach einem langen Vorlesungstag nach Hause, da sagte ein Freund zu mir:
„Alex, ich arbeite die ganze Zeit, aber ich hab das Gefühl, jeden Tag noch dümmer zu werden!“
Mir selber erging es nach einer Weile ähnlich, und auch andere Studenten hörte ich von so etwas sprechen. Aber wie kann das sein? Und vor allem: Was kann man dagegen tun?
Die kleinen Schubladen in unseren Köpfen
Wenn wir lernen, speichert unser Gehirn das neue Wissen an einem bestimmten Ort und erstellt dazu passend Verknüpfungen mit anderen Bereichen. Wie das passiert, ist sehr komplex und – so weit ich weiß – noch lange nicht vollständig verstanden. Eines ist aber klar: Diese „Schubladen“ müssen bei bestimmten Impulsen angesteuert und geöffnet werden. Dazu können wir uns jetzt mal vereinfacht vorstellen, dass auf jeder Schublade ein kleiner Zettel klebt, der gelesen wird und dann zum Öffnen oder auch zum Ignorieren der Schublade führt. Wenn ihr zum Beispiel in Japan seid und etwas essen wollt, dann geht euer Gehirn die relevanten Schubladen durch (die ungefäre Richtung ist dabei meistens klar), findet den Zettel „Essen, Japanisch-Deutsch Übersetzung“ und öffnet die Schublade. Tada! Euch fällt nun das Wort „taberu“ ein. Soweit, so gut. Seid ihr aber einmal über das Anfängerlevel hinweg und fügt permanent neue Vokabeln und Ausdrücke zu eurem Wortschatz hinzu, wird die „Japanisch“ Abteilung in eurem Hirn ganz schön vollgepackt. Das Problem: Viele der Schubladen sind sich zu ähnlich und nur in Details unterscheiden sich ihre langen Zettel. Fehler sind hier vorprogrammiert, vor allem, wenn die feinen Unterschiede nicht deutlich genug hervorgehoben wurden. Beispielsweise öffnen wir die Schublade für „Samui“, was so viel bedeutet wie „kalt“ und auf seinem Zettel finden wir in Kleinbuchstaben und sehr unleserlich „nur für Wetter“.Letzteres liest unser Gehirn eventuell zu spät (wir fühlen gerade den kalten Regen auf unserer Haut), und der Weg zum korrekten „tsumetai“ ist weit, mühsam und kostet wertvolle Zeit – vor allem, wenn die zwei sehr verwandte Schubladen in völlig anderen Bereichen verstaut wurden. Dann müssen wir in Gedanken rennen, und hetzen, und geraten ins Stolpern. Fehler und Frustration sind vorprogrammiert.
Was tun?
Es helfen meiner Erfahrung nach zwei Dinge:
1. Verstaue ähnliche Schubladen direkt nebeneinander
Will heißen: lerne verwandte Wörter zeitgleich, so dass dein Gehirn eine Gruppe daraus formen kann.
2. Schreib die Unterschiede *deutlich* auf den Zettel
Anders ausgedrückt: mache dir beim Lernen bewusst die Unterschiede zweier ähnlicher Wörter klar, so dass sie einen deutlichen Abdruck in deiner Erinnerung hinterlassen. Beides hilft unserem Kopf, bei seiner schwierigen Arbeit Fehler zu vermeiden und schneller ans Ziel zu kommen.
Abschließend will ich sagen:
Die oben genannten Methoden helfen, um schneller dieses „Ich werde schlechter“ Gefühl loszuwerden. Wenn ihr am Ball bleibt, wird das aber auch von selber funktionieren – unser Gehirn räumt auf und wird irgendwann wieder Herr der Lage. Die Wolken klaren auf und ihr könnt richtig spüren, dass ihr bedeutend besser geworden seid. Also: nur weil ihr denkt, dass ihr schlechter werdet, muss das noch lange nicht stimmen. Eigentlich seid ihr auf eurem Weg wieder einen Schritt weiter gekommen, es scheint nur anders herum zu sein. Macht weiter und lasst euch nicht entmutigen! Im Japanischen sind sich viele der neuen Schubladen einfach verdammt ähnlich und wir brauchen Zeit, damit umgehen zu lernen.
Mit der richtigen Lernstrategie können wir uns den Prozess dabei ein wenig leichter machen. Ich habe mir deshalb vorgenommen, die Vokabeln in unserem kürzlich gestarteten „Memrise JLPT N5 Kurs“ entsprechend zu ordnen und bewusst auf die Unterschiede einzugehen – damit ihr mit größtmöglichem Erfolgserlebnis lernen und die Frustrationsmomente den anderen überlassen könnt.