Advent, Advent, ein Lichtlein brennt… aber wie genau verläuft die besinnliche Zeit eigentlich in Japan? Nami erzählt euch von Weihnachten im Land der aufgehenden Sonne – und was das Ganze mit Kentucky Fried Chicken zu tun hat!
Weihnachten – Klar, nicht viele Japaner sind christlich, aber trotzdem feiern wir das Fest der Liebe.
Wie genau wir es feiern, ist allerdings ein bisschen anders, als in Deutschland.
Zunächst bezieht sich „Weihnachten in Japan“ normalerweise auf den vierundzwanzigsten und fünfundzwanzigsten Dezember. Es ist kein Brauch bei uns, den Advent zu feiern, aber trotzdem sind die Städte bereits Ende November mit bunten Lichtern und Weihnachtsdekoration geschmückt.
Kinder bekommen ihr Geschenk nicht vom Christkind, sondern vom Weihnachtsmann.
Während sie friedlich schlummern, kommt er ins Haus und legt das lang ersehnte Geschenk ans Bett.
Ob die Kinder Schule haben, hängt ganz vom Kalender ab – in Japan ist Weihnachten nämlich kein Feiertag.
Deshalb ist es nicht selten, dass die Kinder am Fünfundzwanzigsten zur Schule gehen müssen.
Ihr könnt euch ja vorstellen, wie sie sich über die Geschenke freuen und der Unterricht dementsprechend darunter leidet.
Nami und die traurige Wahrheit
Ich selber habe an Santa Klaus geglaubt, bis ich elf Jahre alt war.
Anstatt Mama und Papa habe ich extra ihn um ein teures Spielzeug gebeten, weil ich meinen Eltern das kostspielige Geschenk nicht zumuten wollte.
Als ein paar böse Jungs in der Schule erzählt haben, dass Santa Klaus nicht existiert, habe ich mich immer geweigert, ihnen zu glauben.
Eines Tages, jedoch, ging meine Mutter außer Haus um – wie sie sagte – einen Kuchen aus der nahegelegenen Konditorei zu kaufen.
Der Laden war gleich um die Ecke, aber sie benötigte mehrere Stunden – das war für mich der Punkt, an dem ich anfing, den schlimmen Gerüchten glauben zu schenken.
Meinen zerstörten Traum aber mal beiseite, lasst mich stattdessen über euer größtes Interesse reden: das Essen!
Baumstumpf und Fastfood
Die typischen Weihnachtsgerichte sind gegrilltes Hähnchen und Sahnekuchen mit Erdbeeren.
Naja, heutzutage gelten Erdbeeren als zu normal und gewöhnlich, deshalb kauft man lieber einen ausgefallenen Kuchen aus einer edlen Konditorei. Bislang war ein französischer Kuchen in Form eines Baumstumpfs (der sogenannte „Buche de Noel“) stark im Trend.
Obwohl ich damit ein wenig vom Thema abkomme, will ich bei der Gelegenheit gleich erzählen, dass der „deutsche Baumkuchen“ bei uns super beliebt ist.
Ganze Konditoreien in Japan haben sich nur auf Baumkuchen spezialisiert und bieten normalerweise eine große Auswahl an: Grüntee, Karamell, Pudding….
Unser japanische Baumkuchen ist viel luftiger als der deutsche, und man isst ihn nicht zu Weihnachten – er ist von dem deutschen Bruder doch sehr verschieden.
Also, lasst uns wieder auf das köstliche Weihnachtsmahl zurückkommen: Ich habe ja erzählt, dass gebratenes Hähnchen eines der beliebtesten Gerichte für das Fest ist; allerdings sind wir Japaner dabei sehr flexibel.
Gebackenes Hähnchen ist auch in Ordnung, oder mal gebratenes Rindfleisch… das hängt ganz von der Familie ab.
Die Hauptsache ist, dass man ein großes Stück davon mit seinen Lieben teilen kann.
Aber wie kam es eigentlich zu dieser Tradition, Hähnchen zu essen?
Nun, das ging so:
Vor fünfundvierzig Jahren wurde in Japan die erste „Kentucky fried chicken“ Filiale eröffnet.
Sofort waren die Menschen fasziniert von dem coolen, amerikanischen Essen, das sie bisher nicht gekannt hatten.
Aber nicht nur Japaner waren davon verzaubert, auch die Ausländer, die in Japan wohnten. Es war damals nämlich nicht einfach, Fleisch mit Knochen aufzutreiben, und so hatten viele in Japan lebende Amerikaner so ihre Schwierigkeiten, einen saftigen Truthahn für Thanksgiving zu finden.
Da sind sie auf die Idee gekommen, anstatt des gefüllten Vogels einfach auf gebackenes Hähnchen von KFC zurückzugreifen.
Für Japaner war es natürlich nicht üblich, Thanksgiving zu feiern, aber die schlaue Marketing-Abteilung von KFC erfand einen sehr erfolgreichen Werbeslogan:
„Wenn du an Weihnachten denkst, denkst du an unser KFC Hähnchen!“
Reiner Kommerz, stimmt‘s? Aber dank KFC war eine neue Tradition geboren.
Harte Zeiten für Singles
Interessant ist auch zu wissen, dass Weihnachten in Japan kein Fest für die Familie, sondern für Liebespaare ist.
Alle Restaurants und Hotels bieten zu dieser Gelegenheit besondere Angebote, wie zum Beispiel die „romantische Weihnachtsnacht unter vier Augen“.
Für Singles natürlich eine weniger schöne Zeit.
Manche von den geknickten Alleinstehenden geben daher – es grenzt an Masochismus – eine „Singleweihnachtsparty“, auf der sie ganz ohne Partner trotzdem Spaß haben… oder mit den Kameraden über ihr Schicksal jammern.
Sicher, Weihnachten in Japan hat fast keine religiöse Bedeutung, aber in meinen Augen ist es keine schlechte Sache, wenn man eine schöne Zeit mit seinem Geliebten verbringen kann – wo und wann ist dabei doch ganz egal.
Ich hoffe, dass alle Menschen in Deutschland und Japan, oder sonst wo auf der Welt, ein schönes Weihnachten haben!
In diesem Sinne:
Fröhliche Weihnachten, メリークリスマス, wünscht euch Nami und Alex, die Nihongo Otsu Redaktion!